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Diese Frage stellte sich mir nach dem vergangenen Wochenende auf dem Zanhsinkai in Göttingen.

Große Seminare sind immer eine gute Möglichkeit seine Trainings- und Verhaltensweisen zu vergleichen, reflektieren und vor allem zu ändern. Ganz gleich, ob als Schüler oder Lehrer.

Im heimischen Dojo hält man sich an die dortigen Regeln und Gebräuche. Was gibt der Lehrer vor, wie ist der eigene Umgang mit dem Lehrer und den Trainingskollegen? Gibt es eine Etikette bei der Kleiderordnung oder Angrüßung? Was ist mein Beweggrund zum Training zu kommen und wie sind meine Erwartungen?

Als Dojoleiter bin ich die meiste Zeit des Jahres, in den Augen meiner Schüler der Lehrer, der Sensei. Der, der den Weg schon vorher gegangen ist.

Ich für meinen Teil bin und bleibe immer Schüler. Jedes Training ist meine Zeit mich zu verbessern. Auf Seminaren fühle ich mich ebenso wie jeder andere Teilnehmer als Schüler, der sich weiter entwickeln möchte, unabhängig von der Graduierung.

Ich bin mit meinen knapp 20 Trainingsjahren im Bujinkan auch ganz sicher kein alter Hase, daher war und bin ich für jedes Training und jeden Lehrer dankbar, da ich immer etwas lernen kann.

Rückblickend auf meine Trainingsjahre habe ich immer noch die gleiche Erwartung von einem Training oder Seminar. Nämlich KEINE. Ich bin noch nie zu einem Training, Seminar oder Japanaufenthalt gefahren in der Hoffnung oder Erwartung dort für mein Geld etwas “geboten“ zu bekommen oder erleuchtet zu werden.

Jedes Training ist für mich einzigartig und jeder Lehrer hat seine individuelle Sicht der Dinge. Ich versuche lediglich dadurch den für mich richtigen Weg zu finden, der mein Leben auch außerhalb des Dojo bereichert. Ich hatte noch nie den Anspruch an einen Lehrer, dass er sich auf meine Bedürfnisse einstellt und das Training nach mir ausrichtet.

Wenn ich etwas nicht verstehe, dann ist es meine Aufgabe mich als würdig zu erweisen, dass Wissen, welches mir vermittelt wird zu verarbeiten und zu begreifen.

Und damit komme ich zu der Frage um die sich dieser Blogeintrag dreht.

Training als Dienstleistung?

Wir im Westen und gerade in Deutschland hegen ja die Vorstellung, dass man etwas bezahlt und dafür einen, nach eigenen Maßstäben geregelten Gegenwert erhält. Das mag in vielen Bereichen auch zutreffend sein, aber ganz sicher nicht, was den Unterricht im Bujinkan betrifft.

Viele glauben mit dem Mitgliedsbeitrag das Recht zu erwerben, dem Lehrer zu bestimmen, was sie wann lernen möchten. Manche Eltern bringen ihre Kinder zum Training mit der Aussage, dass ihr Kind doch gefälligst in einer gewissen Zeit dies und jenes können muss. Dafür bezahlen sie ja schließlich. Ebenso sind manche Erwachsene nicht bereit ihr Ego zu zügeln, sondern fordern für ihr Geld eine persönliche Bevorzugung. Sie behandeln den Sensei wie einen Ladenbesitzer. Jemand, der etwas gegen Geld zu verkaufen hat. „Solange ich Geld habe kann ich mir kaufen, was ich lernen möchte.“

Der Mitgliedsbeitrag dient einzig und allein zum Erhalt des Dojo. Dazu gehört die Miete, Kosten für Renovierungen, Versicherungen und auch um die Kosten des Lehrers dessen Weiterbildungen zu mindern, und diese sind mitunter weitaus höher als die der Schüler.

Was ist dann der Grund jemanden aufzusuchen, der den Weg schon vorher gegangen ist, den ich nun beschreiten möchte? Nur um ihm zu sagen „Sag mir das, was ich hören möchte, wann ich es hören möchte.“?

Ich finde das klingt befremdlich. Wie kann ich mir anmaßen meinem Sensei vorschreiben sein Training zu leiten?

Der Sensei hat Erfahrungen auf seinem Weg gesammelt, die er bereitwillig weitergibt und richtet seinen Unterricht darauf aus.

Bedenkt man, dass es sich um ein Lehrer-Schüler Verhältnis handelt, sollte es wohl im Ermessen des Lehrers liegen, wann er einem Schüler ein bestimmtes Wissen übermittelt, da dieser bestimmte Entwicklungsstufen durchschreitet.

Je besser ein Sensei seine Schüler kennt umso eher weiß er, wem er welche Erfahrung manchen lassen kann, wer bereit für neue Prinzipien ist und wer noch kein neues Wissen bekommen sollte. Man sollte stets daran denken, dass man für bestimmte Themen einfach noch nicht bereit ist.

Und je besser die Schüler ihren Sensei kennen umso größer sollte das Vertrauen in seine Entscheidung in diese Dingen sein.

Wie will ein Anfänger verstehen, dass es bei der Kampfkunst letztendlich nicht ums kämpfen geht. Und auch nicht jeder hochgraduierte Judan ist offen für den energetischen oder spirituellen Bereich des Trainings. Manche werden es nie sein.

Ich habe am vergangenen Wochenende des Öfteren gehört, dass sich beschwert wird, wieso die Lehrer nicht auf Deutsch unterrichten oder das Englische nicht auf Deutsch übersetzt wird. Schließlich hat man eine Menge Geld bezahlt, für Anreise, Hotel und die Seminargebühr. Da könne man ja erwarten, dass man für sein Geld auch etwas versteht! Wir sind wir hier in Deutschland und dann soll gefälligst in deutsch unterrichtet werden!

Wenn ich so etwas höre stimmt mich das traurig und mir tun die Veranstalter und die Lehrer leid. Ein Seminar zu organisieren erfordert einen riesen Aufwand an Zeit, Geld und Helfern. Ebenso nehmen die Lehrer die Zeit, den Flug und die Anstrengung auf sich und lassen auch ihre Familien zu Hause. Auf einem Seminar mit internationalen Lehren kann man sich glücklich schätzen, dass in einer Sprache unterrichtet wird, der man zumindest teilweise folgen kann. Viele der Lehre haben eine andere Muttersprache und unterrichten trotzdem in Englisch. Wie wäre denn mal ein Wochenende nur in Holländisch, Finnisch oder japanischer Sprache?

Es geht letztendlich nicht darum, dass man alles, was einem an so einem Wochenende an Wissen vermittelt wird bis ins kleinste Detail versteht. Sondern wie eingangs erwähnt sollte jeder sich und sein Training reflektieren, um Möglichkeiten zu finden, ein besserer Mensch zu werden. Wenn ich die Sprache nicht verstehe kann ich doch zumindest die Bewegung sehen und versuchen diese so genau wie möglich nachzuahmen, um vielleicht dann doch zu verstehen, was Gesagtes zu bedeuten hatte. Und wenn mir das nicht reicht, dann ist es meine persönliche Aufgabe auch noch Englisch zu lernen um zukünftig mehr zu verstehen.

Wenn sich in Japan kein Übersetzer während dem Training anbietet, was auf freiwilliger Basis passiert, dann wird das Training komplett in Japanisch abgehalten. Daher lerne ich seit einiger Zeit im Eigenstudium Japanisch um eben auch hier für mich einen noch besseren Zugang zum Bujinkan zu finden.

Wenn wir eine japanische Kampfkunst studieren möchten, dann müssen wir uns auch auf fremde Sprachen einlassen. Das Bujinkan ist international geworden und wir haben jetzt die Möglichkeit von vielen sehr guten Persönlichkeiten zu lernen. Und das alles in erreichbarer Nähe. Trotzdem dürfen wir nicht von den Lehren erwarten, dass sie unsere Sprache lernen um ihr Wissen an uns weiter zu geben.

Wir müssen uns mehr in Demut üben, weiterhin geduldig den Pfad voranschreiten und uns mehr anstrengen das Vertrauen, die Liebe und Fürsorge unserer Sensei zu erlangen und weg von diesem Konsumdenken kommen. Erst dann bekommen wir den Zugang zum tieferen Verständnis des Trainings und letztendlich die Möglichkeit uns in allen Belangen zu verbessern.