In diesem Bericht möchte ich einen Großteil meiner diesjährigen Reise nach Japan erzählen. Wir waren mit einer Gruppe von 4 Leuten unterwegs. Da ich nicht für die anderen drei sprechen möchte, gebe ich nur mein Erlebtes wieder und verzichte daher auf die namentliche Nennung der anderen drei. Auch aus Respekt davor, dass viele nicht auf Fotos und Videos im Internet zu sehen sein möchte, habe ich die Fotos sorgsam ausgewählt.

Ich selbst freue mich über jeden Beitrag rund um Japan und vor allem das Training dort. Das Internet und die sozialen Netzwerke ermöglichen es einem „näher“ am Geschehen dort zu sein, ersetzen jedoch keineswegs die Notwendigkeit eine eigene Reise zu unternehmen. Es ist wie beim Training. Man kann sich noch so viele Videos ansehen, richtig verstehen kann man es erst, wenn man selbst daran teilnimmt und mit dem Körper fühlt, was im Video nicht zu sehen ist.

Nicht jeder von uns hat die Möglichkeit regelmäßig nach Japan zu fliegen und die Meisten waren wohl noch nie dort zum Trainieren. Daher möchte ich meinen Teil dazu beitragen, einen kleinen Eindruck zu gewinnen, wie so ein Trip ablaufen kann.

Doch nun viel Vergnügen beim Lesen

Sonntag 10.04.2016

Abflug Frankfurt 19:20Uhr mit JAL Flug JL407 Nach Narita. Sehr geräumiges Flugzeug mit mehr Beinfreiheit als bei herkömmlichen Maschinen. Sehr guter Service und Essen an Board.

Montag 11.04.2016

Ankunft in Narita 13:05Uhr. Zollabfertigung und Passkontrolle war zügig und sehr freundlich. An der Gepäckausgabe gab es keine Wartezeit. Mit der Narita Line ging es dann nach Kashiwa zum Bahnhof. Von dort waren es nur drei Minuten bis zu unserem Hotel, dem Sotetsu Fresa Inn südlich vom Bahnof. Das Hotel ist 2014 eröffnet worden und dementsprechend sehr modern und sauber.

Beim Check Inn traten wie beim letzten Mal Probleme mit manchen Kreditkarten auf. Daher war es ratsam die Hotelkosten in bar dabei zu haben. Das Zimmer sind für eine Person sehr geräumig. SotetsuFresaZimmer

Das Badezimmer ist wie so oft in Japan ein eingehangenes Element, in dem Dusche, Waschbecken und Toilette aus Kunststoff sind. Die Badewanne ist nSotetsuFresaBadur zum Sitzen geeignet, für große Menschen eher eine Herausforderung während dem Baden.

Nach dem Check Inn und Bezug der Zimmer sind wir in die Saizeriya zum Essen. Saizeriya ist eine Restaurant Kette, die günstiges, italienisches Essen auf der Karte hat. Nudeln, Pizza und ein wenig Gegrilltes. Die Portionen sind nicht allzu groß. Daher kann man durchaus Nudeln und Pizza bestellen um satt zu werden.

Nach dem Essen ging es noch in den Hotel nahen Supermarkt um Wasser, Obst und andere Kleinigkeiten zu kaufen.

Dienstag 12.04.2016

Morgens ging es mit der Bahn nach Ueno. Dort wollten wir die letzten Kirschblüten fotografieren. Leider waren wir vom Reisedatum kurz nach der Kirschblüte in Japan, sodass es nur noch vereinzelte Bäume gab, die noch einige Blüten trugen. Dennoch hatten wir bei schönem Wetter noch genügend zu fotografieren.

UenoParkKirschbluete

Im Kiyomizu Tempel habe ich ein Goshuincho gekauft.

Das ist ein Buch in dem man sich an vielen Tempeln und Schreinen gegen einen kleinen Betrag von meistens 300Yen, einen Stempel geben lassen kann.

Des Weiteren wird noch der Name des Tempels, das Datum und oft auch noch ein Spruch in das Buch geschrieben.

Diese gelten als Beweis, dass man den Tempel besucht hat. Gläubige nehmen dieses Buch mit ins Grab um leichter Einlass in den Himmel, bzw. das Paradies zu erhalten.

Man kann an vielen Tempeln auch sogenannte O-Mamori kaufen kann. Das sind kleine Talismane, die üblicherweise am Jahresende an Tempeln oder Schreinen verbrannt werden sollen, damit der Schutz, wofür die Talismane stehen auch erfüllt wird. Da Omamori aber bis zu 1000Yen kosten und auf eine Japanreise schonmal zehn bis zwanzig dieser kleinen Anhänger im Reisegepäck als Mitbringsel landen, werden die wenigsten tatsächlich auch verbrannt. Daher ist ein Goshuincho ein schöne alternative zu den bestickten Stoffbeutelchen.

Wir haben im Ueno Park noch den Kaneji Tempel, Bentendo Tempel und den Toshugu Shrine besichtigt. Anschliessend sind wir noch durch die Ueno Ginza gegangen. Das ist eine verzweigte Einkaufsstrasse mit vielen Essenmöglichkeiten und Shoppingläden, in denen es aber leider überwiegend nur Schuhe, Schmuck und Kleidung gibt.

Von Ueno aus sind wir nach Sengaku-ji gefahren um dort die Grabstätte der berühmten 47 Ronin zu besuchen. Die 47 Ronin (herrenlose Samurai) rächten den Tod ihres Herren. Dieses berühmte Ereignis gilt als vorbildliches Beispiel für die bedingungslose Treue der Samurai.

Abends ging es zum ersten Training dieser Reise. Ins Honbu Dojo zu Soke. Es ist schier unglaublich, mit welcher Leichtigkeit und Unbekümmertheit sich Soke mit seinen 84 Jahren bewegt. Soke hatte eine hervorragend gute Laune an diesem Abend. Es waren über 100 Leute auf den Matten, die gerade mal eine Fläche von knapp 100qm haben. Bei diesem Training begann sich etwas zu entwickeln, was später während unserem Aufenthalt immer größeren Einfluss nahm. Dazu aber später mehr.

Soke hat viel „gespielt“ mit Techniken. Ich verwende in diesem Bericht bewusst sehr häufig das Wort „Technik“, obwohl es eigentlich bei Soke oder den anderen Lehrer, die wir besuchten keine Techniken mehr gibt. Die „Technik“ beinhaltet weitaus mehr, als nur den Hebel oder Wurf, oder so etwas. Vielmehr sind damit alle verbundenen Prinzipien enthalten, die im Kampf oder während des Trainings zum Einsatz kommen. Diese jetzt alle einzeln aufzuführen und zu erläutern würde wahrscheinlich ebenso lange dauern, wie unsere gesamte Japanreise.

Soke betonte, dass man keine Intension in die Technik legen soll. Beginner greifen oft nach einer Technik, was völlig normal ist um zu verstehen und zu lernen. Soke richtet seine Worte bei jedem Training oft an die 15tenDAN. Daher sollen hochgraduierte Judan, Schüler ab dem 10. Dan, weg von dem Greifen und durch Bewegung letztendlich zu der Technik gelangen, bzw. gar keine Technik mehr einsetzen. Wie bei einem Stein, den man über das Wasser wirft, soll man sich von einer Technik zur nächsten Bewegen, ohne eine dieser Techniken zu Ende zu führen, da sonst der Gegner diese Technik lesen kann und sich wehren kann.

Soke bewegte sich ständig im Kukan und setzte viel Beinarbeit ein, dadurch war es Uke nicht möglich wieder die Balance zu finden. Viele Aktionen von Soke starteten mit der Bewegung aus der Schulter. Soke war es dadurch jederzeit möglich die Angriffe des Gegners zu unterbrechen und zu kontern.

Am Ende des Training gab es die Möglichkeit des Godantest. Ein Prüfling stellte sich dieser Aufgabe und bestand souverän direkt beim ersten Versuch. Soke sprach danach noch auf einen Vorfall an, der sich ein paar Tage zuvor ereignet hat. Es hatten zwei Leute den Godantest erfolgreich absolviert. Nachdem sich herausgestellt hat, dass einer von beiden noch ein Grüngurt war wurde ihm der Godan nicht anerkannt. Soke betonte ausdrücklich, dass nur diejenigen den Godantest ablegen dürfen, die den 4. DAN tragen. Er ermahnte die 15. DAN diesbezüglich, dass sie darauf achten sollen, was sie unterrichten. Anmerkung meinerseits dazu: Ich interpretiere das so, dass die Lehrer ihren Schülern nicht nur das „Technische“ weitergeben sollen, sondern auch die theoretischen Aspekte unserer Kampfkunst. Dazu gehört eben auch das Verständnis um die Graduierung und deren Verlauf. Letztendlich kann man dem Grüngurt nicht direkt den Vorwurf machen, sondern eher seinem Lehrer, der zugelassen hat, dass sein Schüler sich für die Prüfung meldet.

Mittwoch 13.04.2016

Den Tag begannen wir direkt mit dem ersten Training im Honbu Dojo bei Shiraishi Sensei.

Wir waren ein kleine Gruppe von 10 Leuten. Wie gewohnt gab es von Shiraishi das „Foot, Spine,Hand“ Prinzip zu sehen und vor allem zu fühlen. Auf den ersten Blick mag einem das Training in Japan und vor allem von Shiraishi ungewohnt vorkommen.

Auf den „heimischen“ Seminaren und während des normalen Training im Dojo werden viele eindrucksvolle und spektakuläre Techniken gezeigt. Das ist im Grunde ja nicht verkehrt. In Japan befasst man sich jedoch eher mit den Prinzipien, die dazu führen, dass man eine Technik überhaupt einsetzen kann.

Und da ist meiner Meinung nach Shiraishi einer derjenigen, der sich hingebungsvoll um seine Teilnehmer und Schüler kümmert, indem er jeden im Training spüren lässt, wie er sich bewegt.

ShiraishiShiraishi ist derjenige, den Soke bei jedem Training die meiste Zeit als Uke in die Mitte bittet. Dadurch „fühlt“ Shiraishi viel mehr als alle anderen, wie Soke sich bewegt und was das bei ihm als Uke bewirkt. Deswegen ist ein Training bei Shiraishi besonders lehrreich, da er sich viel mit der Basis einer Technik auseinandersetzt. Und die beginnt nun mal an den Füssen, geht über die Wirbelsäule und dann erst in die Hände.

Das Training begann aus Kumi Uchi, durch das Herausstellen eines Fußes, das anschließende Verlagern des Gewicht von einem auf das andere Bein, Rotation der Wirbelsäule und anheben der Arme konnte man so mühelos die Balance des Gegners brechen. Dazu war keine Kraft notwendig und man konnte danach verschiedene Techniken ausprobieren, je nachdem in welche Richtung man am Anfang gegangen war.

Nach dem Training ging es in den naheliegenden Tabishop. Ein sehr kleiner Laden, geführt von einem älteren Ehepaar. Sehr wahrscheinlich existiert dieser Laden nur durch die hohe Anzahl an Bujinkan Trainierenden. 😉

Etwas weiter gibt es noch einen Schreibwarenladen, der verschiedene leere Schriftrollen und Papiertafeln führt. Diese kann man sich während der Pause, die es üblicherweise bei Soke im Training gibt von ihm beschriften lassen. Was ich mir habe schreiben lassen erkläre ich später, da es zu dem gehört, was sich beim ersten Soketraining entwickelt hat.

AtagoSchrein1AtagoSchrein2

Auf dem Rückweg zur Bahnstation noch den Atagoschrein und den Saiko Tempel besichtigt.

Nachmittags nach Matsudo mit der Bahn in den Hondo-ji Tempel. Eine sehr schön gestaltete Tempelanlage, die zur Kirschblüte bestimmt noch schöner ist. Im Herbst blühen in der großen teichähnlichen Anlage Lilien und Hortensien, die man wohl auch gesehen haben muss.

Abends sind wir dann nach Kita Kashiwa zum Training von Shiraishi Sensei. Die Einheit knüpfte an das Training am Morgen an. Später wurden viele gegenläufige Überkreuzbewegungen eingebaut um dem Gegner keine Richtung anzuzeigen, wohin die „Technik“ geht.

Donnerstag 14.04.2016

Tempelbesichtigungen in Kamakura. Kamakura war früher einmal der Regierungssitz Japans. Daher sind dort ähnlich wie in Kyoto viele Tempelanlagen bis heute gut erhalten.

Da wir in den RKamakura1eisen zuvor schon alle Haupt-Touristen-Sehenswürdigkeiten mehrfach Kamakura2gesehen haben, entschlossen wir uns auf diesem Trip die etwas abgelegenen kleinen Tempel und Schreine zu erkunden.

Die Region Kamakura ist sehr dicht besiedelt mit Tempeln,so konnte man leicht neues entdecken.

Bei leichtem Regen ging es von der Bahnstation in Kamakura zu dem ersten kleinen Tempel. Dem Jokomyoiji Tempel. Wir waren in der Kamakura Woche dort. In dieser Zeit sind bei einigen Tempel und Schreinen für eine Woche die besonderen Heiligtümer für die Öffentlich zu sehen. Kamakura3SKamakura4o konnten wir unter anderem eine über 750 Jahre alte Buddha Statue bewundern.

Außer bei dem größeren Tsurugaoko Hachiman Tempel waren wir ziemlich alleine in den verschiedenen Anlagen. Gutes Schuhwerk ist für solch eine Reise nicht ganz unwichtig.

Kamakura5Abends ging es wieder zum Training von Shiraishi nach Kita Kashiwa. 2 Stunden sensationelles, „sneaky“ Training. Kleine, einfache Bewegungen mit Handkontrolle und Gewichtsverlagerung.

Freitag 15.04.2016

Für die erste Trainingseinheit des Tages besuchten wir das Dojo von Pete Reynolds.PeteReynolds Pete ist ein seit vielen Jahren in Japan lebend und trainierender Amerikaner. Die Gedanken zu dieser Trainingseinheit lagen bei der Absicht beide Füße unter dem eigenen Körper zu halten, 90 Grad zum Gegner zu stehen und keine Intension in den Kampf zu bringen. Ebenso vermittelt Pete seinem Trainingspartner stets das Gefühl, dass man bis zuletzt die Hoffnung hat, noch etwas machen zu können. Pete konnte geschickt den Raum einnehmen, den man als Uke selbst benötigt um die eigene Balance wiederzuerlangen.

Abends ging es dann wieder ins Honbu Dojo zu Soke. Thema war Muto Dori. Muto Dori bedeutet nicht, unbewaffnet gegen einen Angreifer mit Schwert, sondern vielmehr, dass man sich mit einem Schwert so bewegen soll, als hätte man keins. Also nicht auf die Waffe konzentrieren, sondern sich natürlich bewegen. Ebenso hat Soke gezeigt, dass man bei einem Angriff des Gegners mit Schwert nicht mit Absicht die Waffe des Gegners greifen soll, sondern auch hier aus einer natürlichen Bewegung heraus den Gegner kontrollieren kann.

Schön zu sehen und zu hören war auch Sokes folgende Aussage. „Wir machen im Bujinkan keine typischen Schwerttechniken“. Er demonstrierte seine Aussage damit, dass er sagte, man könne einem schnellen Angriff mit einem Schwert ausweichen, aber einer langsam geführten Klinge entkommt man nicht. Er hielt sein Schwert und sein Uke sollte angreifen. Es war Uke nicht möglich zu Soke durchzudringen, da dieser sein Schwert ganz ruhig und langsam führte und so stets jede Bewegung von Uke folgen und kontrollieren konnte.

In der Pause habe ich mir von Soke das Zeichen für Achtsamkeit auf die gekaufte Tafel schreiben lassen. Dieser Begriff entwickelte sich, wie Eingangs kurz erwähnt zu einem konstanten, roten Faden durch die gesamte Reise. Die Achtsamkeit und Aufmerksamkeit begleitete uns nicht nur während des Trainings sondern darüber hinaus bei allem, was wir in der Zeit unternahmen.

Mir war vor dieser Reise nicht klar, dass dieser Aspekt von da an einen noch größeren Platz in meinem Leben einnehmen würde. Beispiele dazu folgten noch genügend auf dieser Reise.Achtsamkeit

Samstag 16.04.2016

Ausflug nach Taitô, einem Bezirk in Tokio. Auch dort wieder einige Tempelanlagen und Grabstätten besucht.

Bei der Besichtigung des Dai-Enji Tempel bekamen wir eine „private“ Führung durch den Gärtner. Wie die Japaner so sind, fragte er uns, aus welchem Land wir kommen. Und wie so viele Japaner überraschte er uns daraufhin mit ein paar Brocken deutsch. Gefolgt von seinem Liedvortrag „Der Lindenbaum“. Danach erzählte er uns in englisch-japanisch-deutsch die Geschichte des Tempels, der einer der wenigen ist, die shintoistisch und buddhistisch erbaut sind. Danach führte er uns in seinen Aufenthaltsraum und zeigte uns seine Zeichnungen zu der japanischen Geschichte von Prinz Genji. Das Genji-Monogatari ist das älteste und bedeutendste Werk der japanischen Frauenromane. Zugleich gilt es als ältester Roman der Weltliteratur überhaupt. Es waren vier wunderschöne Zeichnungen, die die vier Jahreszeiten widerspiegelten.PrinzGenji

Nachmittags ging es zu Shiraishi ins Budokan nach Kasukabe, einer großen Halle mit mehreren Trainingsflächen für Budo Künste. Diesmal ging es bei dem Foot, Spine, Hand Prinzip darum die Balance des Gegners zu brechen, indem man mit den Shift-Bewegungen zum Zentrum des Gegners hin arbeitete. Man positioniert seine Füße so, dass man anschließend mit der Rotation der Hüfte und der eigenen Gewichtsverlagerung den Gegner aus der Balance bringt.

Sonntag 17.04.2016

HonbuAussen

Das erste Training dieses Tages waren wir im Honbu Dojo bei Seno. Seno Sensei machte einen leicht verwirrten Eindruck während des Trainings. Er zeigte eine Technik und nach einer kurzen Zeit wollte er diese noch einmal zeigen um etwas dazu zu erklären. Sehr oft musste ihn sein Uke dahingehend unterstützen, dass Seno diese oder jene Bewegung anders ausgeführt hat. Es war ein spaßiges, erfrischendes Training. Trotz seiner scheinbaren Verworrenheit war er stets absolut präzise in seinen Bewegungen. Vieles entstand aus Ichimonji no Kamae. Offene Hände und Wischbewegungen dominierten die gezeigten Übungen. Man soll keine Intention beim Greifen einsetzen. Es wurde mit der Balance des Gegners gearbeitet und ihn immer wieder an den Rand „des Kippens“ gebracht.

Danach kam die Einheit von Soke und es zeigte sich mal wieder, dass Soke uns durch das Bujinkan zeigen möchte, wie man ein besserer Mensch werden kann. Vielmehr zeigten es die vielen Schüler im Dojo durch ihr Verhalten, wohl eher durch ihr Fehl -Verhalten. Doch dazu gleich mehr. Nun erst mal zu dem Training. Soke bewegte sich im perfekten Timing und Rhythmus zu seinem Uke. Man soll nicht versuchen auszuweichen, sondern einfach da sein und gleichzeitig nicht da sein. Wie ein Schatten. Der Schatten ist da, aber nicht angreifbar. Wenn sich jemand bewegt, bewegt sich der Schatten in Koexistenz mit. Man soll der Schatten sein. Den Raum, Kukan, ausnutzen, damit der Gegner nicht zurück zu seiner Balance finden kann. Die “Technik“ soll mit dem Gefühl des „Skipping Stone“ ausgeführt werden. Ähnlich einem Stein, den man über das Wasser springen lässt soll man von einer Technik zur nächsten springen, ohne daran festzuhalten, da man sonst untergeht.

Natürlich muss man erst die „Techniken“ lernen und verstehen, um dann nach diesem Prinzip zu trainieren. Dafür sind viele Jahre unermüdliches Trainieren der Basis notwendig, wie es ,so hoffe ich doch, in den meisten Dojo auch gemacht wird.

Neben den Übungen von dieser Trainingseinheit stand für mich noch mehr die Achtsamkeit im Vordergrund und wurde für mich somit die wichtigste Unterrichtseinheit dieser Reise.

Bei knapp 130 Leuten musste man während den Übungen auf sein Umfeld achten, um niemanden zu verletzen oder selbst eine benachbarte Hand oder Waffe ins Gesicht zu bekommen. Viel wichtiger war aber neben den Übungen das Verhalten bei so vielen Leuten auf engem Raum zueinander.

Japaner leben mit vielen Menschen auf engem Raum, daher ist es unumgänglich bestimmte Regeln einzuhalten, damit ein gewissermaßen geordnetes Chaos herrscht. Was viele als Dojo Etikette kennen entstand natürlich aus der Notwendigkeit Ordnung in bestimmte Strukturen zubringen. Viele Verhaltensmuster der heutigen Japaner stammen noch aus einer Zeit, in der man alles zu einer Kunst ausarbeitete. Sei es das Blumen binden, Tee zubereiten, das Kämpfen zur Kunst auszubauen und eben auch das angemessen Verhalten in bestimmten Situationen.

Wenn ich mir nun diese besagte Trainingseinheit rückblickend anschaue, kommt immer noch das Gefühl des Fremdschämens in mir hoch. Das Verhalten einiger Schüler war ein Paradebeispiel dafür, wie wenig sogar manch Hochgraduierte anscheinend verstanden haben. Ich möchte jetzt nicht pauschal klingen, aber einige anwesende Amerikaner zeigten dies überdeutlich. Angefangen bei der Kleidung. Sicher, Soke trägt auch oft die buntesten Kreationen, wie unzählige Fotos belegen, aber er ist schließlich der Boss und darf sich das herausnehmen. Auch viele andere trainieren nur in T-Shirt oder Pullover, aber diese sind doch die meiste Zeit sauber und geordnet. Einige der besagten Amerikaner dagegen trainierten barfuß, was bei dieser Menschenmenge und dem Umstand, dass man oft mit dem Gesicht auf der Matte landet, nicht sehr hygienisch und eigentlich nicht angemessen ist.

Ebenso wurde die Jacke des Gi einfach labberig ohne Gürtel getragen , was mitunter doch sehr schlampig aussah. Kaugummikauend STANDEN! sie stets in der ersten Reihe, was den Schülern hinter ihnen die Sicht versperrte. Einer war sogar so dreist sich quer auf den Boden zu legen, während Soke etwas vorzeigte. Als dann Sokes Uke während der Übung zu dem Amerikaner geflogen kam, machte der sich kaum die Mühe für Uke Platz zu machen. Als Soke den Amerikaner fragte, ob alles in Ordnung sei, nachdem Uke fast auf ihm gelandet war, wedelte der lässig mit der Hand und meinte„Ahh, it´s ok.“

Sein Benehmen war, als würde Soke alles nur für genau ihn machen. „Erst komme ich und will das Meiste und Beste für mich und alle anderen müssen sich hinten anstellen“ konnte man an seinem gesamten Erscheinungsbild ablesen. Als ob das nicht schon dreist genug war, legte er noch eins drauf.

Es ist allseits bekannt, dass Soke sich während der Pause die Zeit nimmt und man sich eine Tafel, Schriftrolle oder sonstiges beschriften lassen kann, ein Buch signieren oder bei wenig Andrang im Dojo sogar ein Bild von ihm gemalt bekommt. Da es darum geht ein persönliches Geschenk von Soke zu erhalten sollte man sich gut überlegen, was man sich schreiben lassen möchte. Es geht nicht darum auf seinen Reisen die meisten Bilder von Soke zu ergattern, damit das heimische Dojo hübsch dekoriert ist. Daher sollte ein Bild pro Trip genügen.

Bei 130 Leuten im Dojo ist die Schlange schon mal über 30 Personen lang. Jeder hat seine Schriftrolle, Buch oder was auch immer bei den Taschen. Nur eben besagter Amerikaner nicht. Er hatte seine Tafel schon vor dem Training mit auf die Matte genommen um auch ja als Erster bei Soke zu sitzen. Und dann ist er noch so dreist und hat gleich zwei Tafeln zu beschriften. Wie gesagt, dass war ein Paradebeispiel, wie man sich nicht zu verhalten hat.

Und genau darum geht es bei der Achtsamkeit im Training. Nicht nur darauf achten, was für tolle Techniken der Lehrer zeigt, sondern auch vielmehr wie sein Verhalten ist. Ist er rechtschaffen, ehrlich und authentisch, oder rückt er sein eigenes Ego in den Vordergrund und nutzt seine Position aus um sich besser dar zu stellen. Ich persönlich lerne lieber von einem Lehrer, der ein gutes Herz hat und mir hilft mein Leben harmonischer zu gestalten, als jemand, der nur seinem Egotrip folgt!

Wir durften am eigenen Leib erfahren, dass wir trotz aller Achtsamkeit kurze Zeit später selbst in ein ordentliches Fettnäpfchen getreten sind. Niemand ist unfehlbar. Auch dazu später mehr.

Nach dem Training hatten wir noch eine kurze Unterhaltung mit Mark Lithgow über die Etikette im Dojo. Mark ist der am längsten in Japan lebende, nicht japanische Bujinkan Praktizierende. Er übersetzt während vieler Trainingseinheiten von Soke. Mark postet auf Facebook, wie auch Darren Horvath und Duncan Stewart sehr oft über Neuigkeiten aus dem Honbu Dojo. Der Focus seiner Beiträge liegt sehr oft bei dem Benehmen und Verhalten der nichtjapanischen Schüler und seinen persönlichen Gesprächen drüber mit Soke.

Diese Beiträge sollten Pflichtlektüre jedes Bujinakan Ausübenden sein!!!

HonbuInnen

Montag 18.04.2016

Die nächsten vier Tage machten wir einen Ausflug nach Kyoto. Wir übernachteten dort in einem Hotel in Bahnhofsnähe, mit kleinen, aber sehr sauberen Zimmern. Hotel Excellence Koto Ekimae. Die Fahrt mit dem Shinkansen von Tokio nach Kyoto dauerte nur knapp drei Stunden.

Auf der Hinfahrt machten wir Halt um uns Himeji Castle anzuschauen. Dort wurden unter anderem The Last Samurai und die Serie Shogun gedreht. Die Anlage ist sehr groß und das Schloss hat sechs begehbare Stockwerke. Leider ist in diesem Schloss so gut wie nichts ausgestellt, daher waren überwiegend nur leere Räume zu besichtigen.

Im angrenzenden japanischen Garten gab es dafür mehr zu sehen. Einige schöne Teichanlagen mit großem Koi Besatz und vielen schön gestalteten Gärten und Bäumen.

Dann ging es zurück nach Kyoto ins Hotel.

Dienstag 19.04.2016

Von Kyoto machten wir einen Ausflug nach Ise. Dort besuchten wir den äußeren Schrein des Ise Jingu. Der Ise Jingu ist ein Shinto-Schrein und gilt im Schrein-Shinto als das höchste Heiligtum Japans. Dort nutzen wir die Möglichkeit unsere „Energie“ aufzuladen. Man spürte Kami den „göttlichen Wind“. An einem Ort mit so viel spiritueller Energie standen einem buchstäblich die Haare zu Berge. Man konnte den „Puls“ der Bäume spüren, wenn man sie berührte.

Das war der spirituelle Höhepunkt dieser Reise. Während wir uns durch die vielen Trainingseinheiten körperlich und technisch weiterentwickeln konnten, sorgte der Besuch in Ise für den spirituellen Schub.

Anschließend ging es noch zur „Geburtsstätte“ des Ninjutsu. Nach Iga. In Iga Ueno im Ninja Dorf gab es eine kleine Rundführung, die aber leider sehr schnell von Statten ging, da eine größerer Reisegruppe hinter uns schon wartete. Wenn man eine Dokumentation auf einem Wissenschaftskanal schaut, bekommt man wahrscheinlich mehr Informationen, als dort bei der Führung. Daher lohnt der Besuch dort eigentlich nicht. Das angrenzende Ninja Muesum allerdings hält einige schöne Exponate vor, die mit ausführlichen Erklärungen das Leben der Ninja illustrierten.

Unmittelbar neben dem Ninja Dorf gibt es noch das Ueno Castle. Dort wurden wir sehr positiv überrascht, da dort für so ein relativ kleines Schloß eine reichhaltige Ausstellung an Rüstzeug und anderen Gegenständen zu bewundern ist.

Mittwoch 20.04.2016

Wir sind früh morgens vom Hotel los gezogen um einen anstrengende, aber schöne Tempeltour zu absolvieren. Es ging zuerst mit einer Stunde Fußmarsch durch Kyoto nach Kiomizudera. Diese hoch gelegene Tempelanlage bietet eine fantastische Aussicht über Kyoto. Man sollte allerdings schon sehr früh dort sein, da es einer der Haupt Touristenattraktionen in Kyoto ist. Dementsprechend werden dort ab neun Busweise Touristen abgeladen und man hat dadurch selten die Möglichkeit eines schönen Fotos ohne Besucher.

Auf dem Rückweg Richtung Hotel noch die nahe gelegenen, kleineren Tempel besucht und als Abschluss noch den buddhistischen Sanjusangendo Tempel. Dort steht der längste Holzbau Japans. In dieser Halle stehen 1001 lebensgroße Statuen. Ein beeindruckendes Erlebnis durch dies 120 Meter lange Hallen an den Statuen vorbei zu gehen. Dort vergisst man sich als Individuum und fühlt sich als Teil des Universum.

Donnerstag 21.04.2016

Der Rückweg von Kyoto nach Tokio dauerte nur sagenhafte zweieinhalb Stunden. So schnell sind wir diese Strecke noch nie gefahren.Shinkansen

An diesem Nachmittag nahmen wir wieder unser Training auf. Die erste Einheit war die Klasse von Nagato. Ich hatte die Ehre und durfte die Klasse mit der ersten Technik eröffnen. Nagato baute darauf auf und nahm mich dreiviertel der Einheit als Uke. So konnte ich bestens fühlen, wie sanft Nagato traininert. Dennoch spürt man ständig die Gefahr, die von ihm ausgeht, sollte er eine Technik doch mal „durchziehen“. Er kontrollierte den Raum zwischen uns ständig indem er eine Hand wie ein Schild in den Raum stellte. Dann sollte man mental den Raum einnehmen. Man wird sich der Gefahr, die von ihm ausgeht noch mehr bewusst, wenn er mit seinem Blick und seinem Geist den Raum einnimmt. Erschreckend.

Abends ging es nach Kita Kashiwas zu Shiraishi. Wieder Foot, Spine,Hand. Immer, wenn man denkt, man hat das schon so oft bei ihm gesehen, dann haut Shiraishi noch etwas verblüffendes raus.

Er arbeitet auch viel mit der mentalen Balance. Unvorhersehbare Bewegungen und überraschende Aktionen, nachdem man mit dem Foot, Spine, Hand Prinzip die Balance gebrochen hat. Man ist als Uke bei ihm sehr schnell aus der Balance mit scheinbar einfachen Bewegungen von ihm. Danach ist alles an Technik möglich, was man machen möchte. Alles ist eine Vorbereitung auf etwas, was darauf folgt. Keine Technik zu Ende bringen, sondern währenddessen in eine andere übergehen. Dabei muss man die ständige Kontrolle der Balance von Uke haben. Auch hier übten wir das Prinzip des Skipping Stone.

Freitag 22.04.2016

Das erste Training des Tages war bei Darren Horvath. Dem wohl größten und muskulösesten Hünen im Bujinkan. Auch hier wurde mir die Ehre zuteil die Klasse zu eröffnen und oft sein Uke zu sein. Trotz seiner massigen Statur trainiert auch er sehr sanft. Man fühlt als Uke kaum seine Bewegungen. Er hat sehr ausführlich die Themen von Sokes Training am Dienstag wiederholt und so erklärt, dass man es besser verstehen konnte.DarrenHorvard

Wir dürfen uns nicht als einzelne Individuen sehen, da wir uns sonst isolieren und das Große Ganze nicht verstehen. Wir müssen Teil des Ganzen, des Universum sein. Er erklärte es anhand des GodanTest. Nur wenn jemand in der Lage ist sein Bewusstsein wieder dem Eins-Sein zu öffnen wird er in der Lage sein den Godantest zu bestehen.

Ich schreibe absichtlich „wieder“ dem Eins-Sein öffnen. Kinder haben diese Verbindung, sind sich dessen aber nicht bewusst. Je älter man wird umso mehr verschließt sich dieser Zugang, da wir in der heutigen Zeit unsere Urinstinkte nicht mehr so benötigen, wie es vor vielen Jahrtausend noch gewesen war. Früher musste man als Höhlenmensch ständig wachsam sein und die Gefahr z.B.: den Säbelzahntiger hören oder riechen, bevor dieser angreift. Da wir heutzutage solch lebensbedrohlichen Gefahren nicht permanent ausgesetzt sind, sind diese Instinkte unterdrückt, aber nicht verschwunden. Durch unser Training und das bewusste Bestreben wieder mehr mit der Natur und dem Universum im Einklang zu leben, können wir diese Areale in uns wieder aktivieren und ausbilden. Das ermöglicht uns bestimmte Situationen „vorauszuahnen“ und diese vorher schon zu unseren Gunsten zu beeinflussen.

Das nächste Training des Tages war bei Noguchi. Es war ein Feuerwerk an unzähligen kurzen, kraftvollen Techniken. Er zeigte viele Sachen aus der Ten-Chi-Jin Ryaku, z.B.: Hanebi, die Hand hinter dem Kopf fangen. Auf diese Technik folgten viele Variationen. Das Training war völlig anders als die Bisherigen, da hier explosive Bewegungen im Vordergrund standen.Noguchi

Am Abend gab es das vorletzte Soke Training.

Und bevor es überhaupt los ging, komme ich nun zu der schon weiter oben so oft angesprochenen Achtsamkeit und dem peinlichen Fettnäpfchen.

Nach dem Training von Noguchi ging es wie so oft in die nahe gelegene Saizeriya zum Essen und die Zeit bis zu Soke’s Klasse zu überbrücken. Als wir zurück kamen standen schon viele Schüler vor dem Dojo und die Menge drängte sich langsam in den Eingang.

Der Eingangbereich zum Dojo ist über eine Stufe erreichbar und von aussen bis hinter die Eingangstür gefliest. Von dort geht man eine Stufe hoch auf einen Holzfußboden, der zur Garderobe und zur Trainingsfläche führt. Normalerweise zieht man sich drinnen auf dem gefliesten Bereich die Schuhe aus und stellt sich mit den Socken direkt auf den Holzboden. Dadurch bringt man keinen Schmutz von draußen mit ins Dojo und auf die Matten.HonbuEingang

In meinem Dojo gibt es auch einen getrennten Bereich im Eingang, wo die Straßenschuhe ausgezogen werden und man dort über eine Schwelle im Boden das Dojo betritt.

Noch vor der Tür jedoch hörten wir von drinnen die Ansage, man solle die Schuhe draußen ausziehen. Irritiert über diese Aufforderung zogen wir uns also im Getümmel die Schuhe noch vor der Eingangstür aus und betraten das Dojo mit den Schuhen in der Hand.

Kaum dort angekommen und im Sichtbereich der innen Stehenden, kam Duncan Stewart auf uns zu und fragte uns sichtlich erbost, wieso wir unsere Schuhe draussen ausgezogen hätten und erklärte uns eindringlich wie das mit den Schuhen funktioniert. Wir standen da wie kleine Kinder die eine Scheibe eingeworfen haben und dabei erwischt wurden. Wir erklärten, dass wir von draußen die Aufforderung gehört hätten, man solle die Schuhe dort ausziehen und wir uns trotz der Verwunderung darüber an die Ansage gehalten hätten. Es stellte sich heraus, das nicht die Leute vor dem Dojo, sondern die auf dem inneren gefliesten Bereich gemeint waren. Also eigentlich war es nur ein Missverständnis unsererseits. Nichtsdestotrotz war es uns mehr als peinlich vor der großen Anzahl an Menschen zurecht gestutzt zu werden. Zumal wir ja mit zwei Shihan in der Gruppe unterwegs waren. Hier war unsere Aufmerksamkeit zwar gut genug um die Aufforderung von drinnen gehört zu haben, aber anstelle sich darüber nochmal zu vergewissern, haben wir es einfach so hingenommen.

Duncan sagte uns später, als wir uns nochmal für den Vorfall entschuldigten, dass es völlig natürlich wäre Fehler zu machen und wir schließlich alle dort wären um zu lernen. Und das nicht nur im Bezug auf’s Training, sondern vor allem, wie wir uns einig waren, auf die Absicht ein besserer Mensch zu werden.

Dann ging es mit immer noch leicht geknicktem Ego mit Sokes Training los. Seine Bewegungen waren wie gewohnt sehr natürlich. Dadurch gab er seinem Uke keine Intention und hatte so stets die Kontrolle über die Situation. Es kamen verschiedene Waffen zum Einsatz unter anderem das Daisho. Das Schwertpaar. Katana und Wakizashi. Dabei ging es nicht darum Uke die Waffen fort zu nehmen, sondern sich keine Gedanken darum zu machen, ober der Gegner bewaffnet ist oder nicht. Muto Dori. Man bewegt sich natürlich, egal ob man selbst oder der Gegner bewaffnet ist. Nachdem Soke einige Variationen gezeigt hatte durften viele Schüler in die Mitte um mit dem Daisho vorzuführen. Darunter auch mein Trainngspartner und ich. Vom Gefühl her lief es bei uns sehr flüssig und sauber.

Ich möchte nun weder überheblich, eingebildet oder herablassend wirken, sondern einfach meine Empfindung wiedergegeben, was sich danach abspielte.

Bei vielen anderen hatte ich den Eindruck, dass sie „Zuviel“ versuchten um ihre Techniken spektakulärer aussehen zu lassen. Das lief dann auch bei den meisten prompt schief und sie brachten sich dadurch selbst in ungünstige Positionen. Zwei Dan Träger hatten sichtlich Problem überhaupt die Schwerter in den Gürtel zu stecken. Rechts anstelle links und dann sogar eins links, eins rechts. Dementsprechend verheerend waren ihre Ausführungen. Sie waren zu fokussiert die Waffen zu greifen und diese zu benutzen, dass man Angst haben musste, sie würden sich selbst mehr Schaden zufügen als ihrem Uke.

Natürlich ist man in dieser Situation sehr aufgeregt, da man vor so vielen hochgraduierten Schülern und vor allem vor Soke und den anderen Japanern etwas vorzeigen darf. Jedoch konnte man bei diesen zwei Schülern einen erheblichen Unterschied zu den anderen Danträgern sehen. Es sah wirklich so aus, als ob beide noch nie ein Schwert in der Hand hatten. Man konnte sich nur fremdschämen.

Generell konnte man auf dieser Reise nicht jedem seine Graduierung ansehen, da die meisten Schüler ihre Graduierung nicht trugen. Man konnte oft nur zwischen weiß, grün und Schwarzgurt unterscheiden und zwischen Shodan, Godan und Judan. Viele trugen nur die Gürtelfarbe und so konnte es ein erster oder eben auch ein fünfzehnter Dan sein. Wenn man sich aber so umschaute waren viele Dan Träger anwesend, die weder von ihrem Verhalten noch von ihren Bewegungen her dem gerecht wurden, was sie durch ihre Graduierung eigentlich darstellen sollten.

An diesem Abend gab es zwei Godan Prüflinge. Der Erste war ein Italiener, der beim zweiten Versuch bei Darren bestanden hatte. Es war schön zu sehen, dass Darren eigentlich noch nicht richtig geschlagen hatte, der Italiener trotzdem passend ausgewichen war.

Der Zweite war ein Australier, der sich bei Darren nicht bewegt hatte und dadurch einen heftigen Schlag abbekam. Beim Zweiten Versuch durfte Ishizuka schlagen. Doch auch da kam keine Reaktion und der Treffer war nicht weniger hart. Somit hatte er an diesem Tag nicht bestanden.

Es gab noch eine Verleihung des Bufu Ikkan Reward und eine Goldmedaille an zwei Schweden.

Samstag 23.04.2016

Letztes Training bei Shiraishi. Hier lag der Focus über das Foot, Spine Hand Prinzip Uke so zu leiten, dass er sich nur noch über einen Punkt an uns in der Balance halten konnte. Dann nahm man diesen Punkt weg und Uke stürzte ins Leere. Wir unterhielten uns in der Pause mit Shiraishi über die Wichtigkeit des Basistraining. Er betonte wieder, dass Foot, Spine, Hand die Basis von allem ist. Wenn man das verstanden und gemeistert hat, dann ist alles möglich. Man soll in kleinen Stufen üben, dann ist der Lernerfolg größer. Ich zog einen Vergleich, dass viele Schüler nur nach den schönen „Technik-Blüten“ suchen, sie pflücken und sich wundern, dass diese verwelken und nicht verstehen, dass diese Schönheit ohne Wurzeln nicht bestehen kann.

Abends ging es zu Sakasai ins Training. Sakasai ist jemand der „jüngeren“ Generation die im Honbudojo unterrichten. Wir haben absolute Basisbewegungen geübt. Er bewegt sich mit einer Geschmeidigkeit und Genauigkeit, die mich sehr beeindruckt und mir gefallen hat. Tiefer Stand, in einer Linie, das eigene Zentrum immer zum Gegner, gleichzeitiges Bewegen von Arm und Beim waren nur einige der Prinzipien, die Sakasai uns diesen Abend vermittelte. Wir haben die Sanshin no Kata gemacht und daraus Kombinatinen der Sui, Ka und Fu no kata. Danach Kihon Happo und Kombinationen aus Ichimonji, Jumonji und Hicho. Wir haben die drei Distanzen des Blockens geübt, lang, mittel und kurze Distanz zum Gegner. Schrittwechsel und Beinarbeit waren dabei sehr wichtig. Wir haben den tiefen Stand geübt, ohne das Gewicht in den Boden zu drücken, ebenso den Oberkörper immer aufrecht zu halten und die Hüften parallel zum Boden zu bewegen. Das war ohne Übertreibung die schweißtreibenste Trainingseinheit der Reise. Nicht nur aufgrund der Übungen, sondern auch wegen der sommerlich, schwülen Temperaturen.

Sonntag 24.04.2016

Kommen wir nun zum letzten Training dieser Reise. Wir starteten unseren Trainingseinheiten bei Soke und beendeten dies auch mit der letzten Klasse bei ihm. Soke kam wie immer zu spät. Chistian Petrocello eröffnete die Klasse. Da Soke an diesem Tag Besuch hatte von Regisseuren einer Filmproduktion, machte er so gut wie keinen Unterricht. Das meiste übernahmen Christian Petrocello und Duncan Stewart. Es war schön zu sehen, wie die zwei miteinander umgingen. Man konnte die Freundschaft und den Respekt zwischen den beiden deutlich sehen.

Soke sagte, dass wir seit letztem Jahr versuchen sollen keine Techniken zu machen. Was selbstverständlich wieder an die 15. Dan gerichtet war. Man solle sich das Prinzip des Shu-Ha-Ri nochmal in Erinnerung rufen.

Nach dem Training überreichten wir Soke noch ein Präsent, bedankten uns für das Training und verabschiedeten uns für diese Reise.

Den Nachmittag verbrachten wir noch mit dem letzten Souvenirshopping in Asakusa.

Montag 25.04.2016

Der Tag der Abreise. Nach dem Check-Out im Hotel ging es mit dem Zug zum Flughafen und wieder nach Deutschland. Auf dem Heimflug hatte ich genügend Zeit die letzten 15 Tage Revue passieren zu lassen und für mich ein Resümee zu ziehen.

Wir haben in den 15 Tagen 4Tage am Stück Sightseeing gemacht und in 10 Tagen Training 17 Einheiten bei 8 verschiedenen Lehren absolviert. Trotz des straffen Pensums muss ich sagen, dass alles mit einer Leichtigkeit von Statten ging und wie immer die Zeit wie im Flug verging. Es lief alles viel besser, als ich je erwartet hätte, was wohl durchaus an der Gruppe lag, die diesen Weg gemeinsam ging.

Wie Anfangs erwähnt, habe ich die Namen der Mitreisenden nicht erwähnt, da es sich hier ausschließlich um meine Eindrücke dieser Reise handelte. Daher habe ich bewusst viele Ereignisse nicht erzählt, die zu sehr ins private zwischen uns vier gegangen wären.

Ich kann mich nur von ganzem Herzen bei allen drei Mitreisenden bedanken für diese schöne Zeit, die vielen Gespräche, die lustigen, spannenden Ereignisse und vielen Lacher und würde mich freuen, wenn sie mich wieder einmal auf so einer Reise begleiten würden.

Ebenso bedanke ich mich zutiefst bei allen, mit denen ich die Ehre haben durfte zu trainieren. Selbstverständlich gilt mein Dank auch an alle Lehrer, die allesamt mit einer freudigen Hingabe ihr Wissen weitergegeben haben. Allen voran danke ich unserem Großmeister Soke Massaki Hatsumi, der sich vor vielen Jahren dazu entschlossen hat diese Kampfkunst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nur durch ihn haben so viele Menschen weltweit die Möglichkeit durch das Bujinkan ihr Leben positiv zu verändern.

Und zu Guter Letzt bedanke ich mich bei meiner Frau und Tochter, die es mir ermöglichen meinen Traum zu leben, diese faszinierende Kampfkunst so intensiv zu üben um dadurch ein vollkommenerer Mensch zu werden.

Domo arrigato gozaimashitaMatthiasHonbu